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     757  0 Kommentare Revolution machen oder die Unterhose wechseln?

    Gerade wird Hubert Aiwanger von Bundesempörungsmaschine gejagt, doch nur in Bayern scheint sich wirklich Widerstand zu regen.

    Wann kommt eigentlich die Meuterei auf der Bounty?, hat Henryk M. Broder vor Kurzem so wunderbar in einem Interview zu der aktuellen Situation in unserem Land gefragt. Die Antwort darauf ist verblüffend, wir können sie allerdings an jedem Tag sehen.

     

    Denn es passiert nichts. Das Volk wird nicht revoltieren, denn die Menschen sind vollkommen damit beschäftigt, ihr Leben zu organisieren.

     

    Und Broder spekuliert, dass hier eine Methode dahinter steht. Ich halte das für sehr plausibel.

     

    Morgens die Kinder in die Schule, dann den Job machen, die Kinder zum Sport und zum Entertainment bringen, sich neue Sachen kaufen, um die Nachbarn zu blenden, und so weiter und so weiter.

     

    Die Revolution fällt also aus, weil die Menschen keine Zeit dafür haben.

     

    Mir fällt auch noch etwas anderes dazu ein: So lange das Handynetz funktioniert, wird es kein Auflehnen der Menschen gegen die Zumutungen der Politik geben, sie müssen doch schließlich noch soo viele Anrufe tätigen.

     

    Und die Zeitungen passen sich an. So berichtet die Welt jetzt immer mehr darüber, wie man sich von seinem Partner trennt und wie oft man seine Unterhose wechseln soll, als über die Hintergründe der politischen Konflikte.

     

    Gerade habe ich den Film „The Big Short“ gesehen über die Subprime-Krise in den USA in den Jahren 2007 und 2008. Und obwohl das alles mit der Realität von heute kaum vergleichbar ist, ist es das jedoch sehr genau.

     

    Man muss es nur als Muster sehen. Dann passt es nämlich genau in das hinein, was Broder gesagt hat.

     

    Denn da existiert eine große Mehrheit, die damit beschäftigt ist, mehr oder weniger Geld zu verdienen und sich um ihr Leben zu kümmern. Doch eine Minderheit von Menschen sieht die selbe Wirklichkeit mit komplett anderen Augen, und zwar richtig.

     

    Was daraus geworden ist, das wissen wir. Besonders interessant finde ich dann den Abspanntext. Denn da steht, dass der Initiator der Spekulation gegen den kaputten Häusermarkt, Michael Burry, die Stelle, die für die Aufarbeitung dieser Katastrophe verantwortlich war, angerufen und gefragt hat, ob er ihnen erzählen soll, warum er bereits lange vorher wusste, was passieren würde?

     

    Man hat ihn jedoch nicht zurückgerufen.

     

    Das ist für mich die Schlüsselszene. Denn niemand will heute mehr Fragen hören, weil jeder glaubt, auf alles die Antworten zu besitzen.

     

    Das geht dann auch Hand in Hand damit, dass kaum ein Normalbürger in Deutschland etwas vom Gesetz zur Anpassung des Verfassungsschutzes, vom Demokratieförderungsgesetz und Hinweisgeberschutzgesetz weiß.

     

    Auch darin scheint mir im Broderschen Sinne Methode zu stecken.

     

    Und hinterher wird dann wieder der deutsche Standard-Leitspruch kommen: Wir haben doch von all dem nichts gewusst.

     

    Dabei ist man doch die ganze Zeit über so brav gewesen und hat an jedem Tag die Unterhose gewechselt.

     

    Bernd Niquet

     

    berndniquet@t-online.de

     

     

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Revolution machen oder die Unterhose wechseln? Wir sind wohl zu beschäftigt für eine Revolte